TCU Mercedes-Benz Siemens FTC (722.7)

Mercedes-Benz hatte sich mit der Entscheidung, die Produktpalette um einen Spross zu erweitern, keine leichte Aufgabe gestellt. Das Auto sollte nämlich nicht nur kompakt und praktisch sein, sondern auch viel Komfort und Luxus bieten. Schließlich ist es ein Mercedes-Benz. Am Getriebe wurde auf keinen Fall gespart: das 722.7-Getriebe hat den Aufbau eines herkömmlichen Schaltgetriebes, verwendet aber einen Drehmomentwandler und mehrere kleine hydraulische Kupplungen, um zwischen den Gängen zu wechseln. Unserer Meinung nach ist dies eine sehr gelungene Lösung für diesen Autotyp.

Probleme und Fehlercodes

Bekannte Probleme

  • Es erscheint ein “F” im Display.
  • Das Fahrzeug wechselt in den Notlauf
  • Das Getriebe schaltet nicht mehr
  • Das Getriebe schaltet willkürlich in “N” oder einen unlogischen Gang
  • Das Fahrzeug will nicht starten

Überholung möglich

OBD II Beschreibung
P1840 (2120) PWM-Solenoid Getriebeschaltung 1 / 4
P1841 (2121) PWM-Solenoid Getriebeschaltung 3
P1842 (2122) PWM-Solenoid Getriebeschaltung 2 / 5 / R
P1843 PWM-Solenoid Wandlerüberbrückungskupplung
P1844 PWM-Ventilschaltung
P1850 (2204) Getriebe-Drehzahlsensor Y3/7n1
P1858 (2227) Anlassersperre Kontakt
P1884 (2123) PWM-Umschaltventildruck
P1897 Steuermodul N15/7 defekt
P1903 Steuermodul N15/7 defekt

Überholung eventuell möglich (zusätzliche Diagnose erforderlich)

OBD II Beschreibung
P1895 (200a) Interner Fehler im Steuergerät

Dieser Fehlercode erscheint in der Regel nicht allein. Prüfen Sie deshalb sorgfältig alle angezeigten Fehlercodes, um die richtige Diagnose zu stellen.

OBD II Beschreibung
P1709 Parken/Neutral-Schaltung
P1756 Wählhebelposition nicht plausibel
P1872 CAN-Signal vom Getriebeerkennungsmodul defekt
P1875 CAN-Kommunikation ESP
P2031 Kein Signal oder Fehlersignal vom Steuergerät N15/5
P2210 Wählhebel-Kodierung ist ungültig
P2211 Wählhebel befindet sich in einer Zwischenstellung
P2212 Position des Wählhebels nicht plausibel
P2318 Fehler in der CAN-Kommunikation mit dem Steuergerät N15/5
P2333 The CAN signal from control unit N15/5
P2338 CAN-Signal vom Steuergerät N15/5
2310 CAN-Kommunikation mit TCS fehlgeschlagen
2311 CAN-Kommunikation mit ECU fehlgeschlagen
2312 CAN-Kommunikation mit ECU fehlgeschlagen
2315 CAN-Kommunikation mit Instrumenten fehlgeschlagen
2316 CAN-Kommunikation mit A/C fehlgeschlagen
P240C CAN-Signal für die Wählhebelstellung vom Steuergerät N15/5

Diese Fehlercodes können darauf hinweisen, dass der Wählhebel defekt ist. Dieser kann in vielen Fällen überholt werden. Bitte nehmen Sie Kontakt mit unserem Kundendienst auf:

icon-check-markÜberholung nicht möglich

OBD II Beschreibung
P1886 Rückschaltung 1 / 4 oder 3 PWM-Ventildruck zu niedrig ODER 2 / 5 / R Druck zu hoch
P1887 (2531) Getriebeschaltung 1 / 4 oder 2 / 5 Schiebeventil klemmt in Grundstellung Umschaltventildruck zu niedrig
P1888 1 / 4 oder 2 / 5 Schaltung Schiebeventil klemmt in Grundstellung Umschaltventildruck zu hoch
P1889 Rückschaltung 2 / 5 / R PWM-Ventildruck zu niedrig Getriebeschlupf
P1893 Druck zu hoch am Regelventil oder Solenoid 1 / 4 oder 3

Diese Fehlercodes weisen häufig auf mechanische Defekte hin. Getriebe sorgfältig auf Verschleiß und/oder Beschädigung prüfen!

Allgemeine Funktion FTC (722.7)

722.7-ftc-mechatronic

Das Automatikgetriebe 722.7 ist ein elektrohydraulisch gesteuertes 5-Gang-Getriebe, das zusätzlich mit einem Drehmomentwandler ausgestattet ist. “FTC” steht für “Front Transmission Control”. Der nächste Gang wird über hydraulisch betätigte Lamellenkupplungen gewählt. Jeder Gang hat seine eigene Lamellenkupplung. Diese ersetzen die herkömmlichen Schaltgabeln, wie sie in einem manuellen Getriebe verwendet werden. Die Mechanik des 722.7 ähnelt einem manuellen 5-Gang-Getriebe.

Die Mechatronik ist an der Unterseite des Getriebes montiert. Bei Bedarf steuern Regelventile den Öldruck hin zu den einzelnen Kupplungen. Der erforderliche Öldruck für die Kupplungen K3, K4 und Lock-up erfolgt durch Bohrungen in der Hauptwelle. Der Öldruck für die Kupplungen K2 und KR läuft über die gegenüberliegende Welle.Die Wellen im Getriebe werden außer für den Öldruck auch für die Verteilung von Schmieröl genutzt. Auf diese Weise werden sowohl diverse Lager als auch alle Lamellenkupplungen mit Schmieröl versorgt.

Wahl eines Drehmomentwandlersr

Das Hinzufügen eines Drehmomentwandlers ist technisch gesehen nicht notwendig, da dies auch gut mit einer (etwas günstigeren) automatisierten Scheibenkupplung gelöst werden könnte. Ein Drehmomentwandler macht aber das totale “Mercedes-Gefühl” möglich. Bei einem Drehmomentwandler liegt nämlich sofort Vortrieb an: etwas, das auch die Automatikgetriebe der teureren Mercedes-Benz Modelle haben. Darüber hinaus multipliziert ein Drehmomentwandler das Motordrehmoment, bis es nicht mehr schlupft. Eine Eigenschaft, wovon vor allem drehmomentarme Motoren beim Anfahren profitieren. Möchten Sie mehr über die Funktion eines Drehmomentwandlers erfahren? Dann blättern Sie zur nächsten Getriebesteuergerät in diesem Diagnosehandbuch: Mercedes- Benz 722.8 - Temic VGS.

Die Mechatronik im Detail

722.7-ftc-mechatronic

Actuator Funktion
Y3/7y1 Regelventil "für1. und 4. Gang"
Y3/7y2 Regelventil "für 3. Gang"
Y3/7y3 Regelventil "für2., 5. und R-Gang"
Y3/7y4 Regelventil für Überbrückung
Y3/7y5 Umschaltventil

Hydraulische Kupplungsbetätigung

Das unter der Getriebesteuergerät/TCU (=Transmission Control Unit) montierte Labyrinth ist mit mehreren Regel- und Schaltschiebern ausgestattet. Durch Ansteuerung der Regelventile (auch Solenoide genannt) kann der Flüssigkeitsdruck hin zu diesen Schiebern gelenkt werden. So wird sichergestellt, dass sich die Schieber in die richtige Position verstellen. Der Flüssigkeitsdruck kann somit zu den verschiedenen Lamellenkupplungen fließen. Sobald die Kupplung betätigt ist, ist auch der Gang eingelegt. In diesem Punkt unterscheidet sich das 722.7 wesentlich von einem Schaltgetriebe.

Es werden insgesamt 5 Regelventile eingesetzt. Wie das folgende Diagramm zeigt, versorgt das Regelventil Y3/7y4 die Betätigung der Wandlerüberbrückungskupplung Die übrigen Ventile arbeiten zusammen, um die anderen Kupplungen zu betätigen (z.B. K1 = die Kupplung von Gang 1):

Schaltdiagramm

Ventilbezeichnung K1 K2 K3 K4 K5 KR
Y3/7y1 über Schieber RS14 und SS14 ? 0% 0% ? 0% 0%
Y3/7y2 über Schieber RS3 0% 0% ? 0% 0% 0%
Y3/7y3 über Schieber RS25R en SS25 100% ? 100% 100% ? ?
Y3/7y4 Wandlerüberbrückungskupplung ? ? ? ? ? 0%
Y3/7y5 Umschaltventil 100% 100% 100% 0% 0% 100%


ftc-722-7-normally-closedsolenoid

Ähnliche Regelventile

4 der 5 Regelventile in dieser Mechatronik sind vom Typ normally closed solenoid. Das bedeutet, dass die Ventile im spannungslosen Zustand geschlossen sind und keine Flüssigkeit durchlassen. Die Regelventile Y3/7y1, Y3/7y2, Y3/7y3 und Y3/7y4 können dadurch ohne nachteilige Folgen ausgetauscht werden.

Anders verhält es sich bei dem Ventil Y3/7y5. Dies ist kein Regelventil, sondern ein Umschaltventil: Das Ventil kann nur maximal geöffnet oder maximal geschlossen werden. Außerdem arbeitet dieses Ventil mit einer anderen Spannung.

Die Getriebesteuergerät im Detail

722.7-ftc-mechatronic

Sensor Funktion
Y3/7n1 Drehzahlsensor
Y3/7n2 Steuermodul
Y3/7s1 Anlassersperre

Der Aufbau dieses Getriebesteuergerät-Typs ist relativ simpel: 1 Stecker, 1 Drehzahlsensor, 1 Schalter für die Anlassersperre und 1 Zentralsteuermodul. Die Kommunikation mit dem Rest des Fahrzeugs erfolgt vollständig über CAN. Der Stecker benötigt dadurch nur 5 Anschlüsse.Der Drehzahlsensor arbeitet nach dem Hall-Prinzip: Eine Änderung des Magnetfelds liefert ein elektronisches Signal. Dieses Signal kann auch selbst nachgeahmt werden. Im “Werkstatt-Tipp” (nebenan auf dieser Seite) erklären wir, wie dies einfach durchgeführt werden kann.

Notlauffunktion

Nachdem die Getriebesteuergerät eine elektrische Störung erkannt hat oder einen unerwarteten Kupplungsdruck misst, wird immer die Notlauffunktion aktiviert. Der elektronische Teil der Mechatronik wird dabei komplett abgeschaltet. Alle Regelventile befinden sich dann im spannungslosen Zustand. Dadurch wird der Gesamtbetriebsdruck auf den Maximalwert erhöht, die Wandlerüberbrückungskupplung wird ausgekuppelt und das Getriebe schaltet dauerhaft in den 5. Gang (der einzige Gang, der mit 0 % Druck von allen Ventilen betrieben werden kann).

Werkstatt-Tipp: Sensorfunktion selbst prüfen

sensor-722-7-ftc

Steht das Fahrzeug, aus dem die Getriebesteuergerät stammt, noch zur Verfügung, kann der Drehzahlsensor der ausgebauten Getriebesteuergerät ganz einfach selbst geprüft werden. Dazu wird ein Lesegerät benötigt, womit Live-Daten angezeigt werden

Gehen Sie folgendermaßen vor:

  1. Stecken Sie die Anschlussklemme aus dem Fahrzeug auf die lose Getriebesteuergerät.
  2. Schalten Sie die Zündung des Fahrzeugs ein (Stromversorgung).
  3. Lesen Sie die benötigten Live-Daten mit dem Lesegerät aus.
  4. Bewegen Sie einen magnetischen Schraubendreher mehrmals entlang des Sensors.

Die Frequenz, mit der der Schraubendreher den Sensor passiert, wird nun als Drehzahl sichtbar..

PS.:

Sind keine Live-Daten verfügbar, kann der Betrieb auch über die Kupferspuren auf der Rückseite des Drehzahlsensors gemessen werden. Verwenden Sie hierzu einen Multimeter. Zwischen Spur 1 und Spur 3 ändert sich die Spannung jedes Mal zwischen 0 und 5 Volt, sobald ein magnetischer Schraubendreher am Sensor entlang bewegt wird.